Meuchelmord
Zickenzoff – oder wer war’s wirklich?
„Die 8 Frauen“ als bittervergnügliche Krimikost im Neuen Theater Burgau Von Helmut Kircher
Burgau Acht Frauen und ein Mann haben sich – Weihnachten gebietet es –
zu feierlich familiärer Festlichkeit verabredet. Während sich die
Weiblichkeit gepflegt bissiger Gesprächskultur hingibt, liegt der Mann
mit einem Messer im Bett. Das steckt in seinem Rücken. Krimispezialisten
ahnen es: ein hinterhältiges Stück, das das Neue Theater Burgau in
einer Neuproduktion auf die Bühne stellt. „8 Frauen“, eine Krimikomödie,
geschrieben – kleiner Schönheitsfehler – von einem Mann, dem Franzosen
Robert Thomas, der damit 1961 in Paris einen grandiosen Theatererfolg
landete, übertroffen noch von der Verfilmung durch Francois Ozon, mit
allen weiblichen Megastars der französischen Filmszene, vielfach
preisgekrönt und von einem Millionenpublikum bejubelt.
Burgau Acht Frauen und ein Mann haben sich – Weihnachten gebietet es –
zu feierlich familiärer Festlichkeit verabredet. Während sich die
Weiblichkeit gepflegt bissiger Gesprächskultur hingibt, liegt der Mann
mit einem Messer im Bett. Das steckt in seinem Rücken. Krimispezialisten
ahnen es: ein hinterhältiges Stück, das das Neue Theater Burgau in
einer Neuproduktion auf die Bühne stellt. „8 Frauen“, eine Krimikomödie,
geschrieben – kleiner Schönheitsfehler – von einem Mann, dem Franzosen
Robert Thomas, der damit 1961 in Paris einen grandiosen Theatererfolg
landete, übertroffen noch von der Verfilmung durch Francois Ozon, mit
allen weiblichen Megastars der französischen Filmszene, vielfach
preisgekrönt und von einem Millionenpublikum bejubelt.
Acht Frauen
also und ein Mord. Tatort: idyllisches, aber abgelegenes Landhaus.
Draußen rieselt der Schnee, steht ein Auto mit durchschnittenen
Zündkabeln, drinnen dasselbe mit Telefonleitung. Da 50er-Jahre und damit
kein Handy, bleibt deshalb eine weitere Tatortermittlerin wohltuend
unbesetzt. Die Ehefrau des Gemeuchelten, seine Schwester, Schwägerin,
seine beiden Töchter und das Hauspersonal allein im Wohnzimmer, einen
ganzen Tag lang. Und eine aus ihrer Mitte muss die Gesuchte sein. Nur
wer? Ein Motiv, so stellt sich heraus, hat jede, schließlich sind es
ganz normale Frauen mit ganz normalbürgerlichem Naturell: Geldgier,
Neid, Eifersucht, Inzest, Lesbengehabe und Nebenerwerbshurerei.
Das ist eine Steilvorlage für sadomasochistisch blinzelnden
Zickenzoff, ein gefundenes Schlachtfeld für ein freilaufendes
Schauspielensemble an strenger Regieleine. Aber gemach! Schon die Acht
vor den Frauen darf man nicht so ernst nehmen. Katrin Hötzel nämlich
hatte für ihre Inszenierung einen klasse Einfall: Die obligate Oma, für
ein junges Ensemble schwer zu besetzen, wurde kurzerhand in eine Urne
verbannt. Friede ihrer Asche. Dafür fügte sie eine neue Figur in die
Handlung ein, Serge. Hintergedanke: Wenn man schon einen fähigen Musikus
wie Mark Poppe hat, dann soll er auch entsprechend zur Geltung kommen,
am Klavier verharrend und – ein Sinnbild vollkommener Männlichkeit –
schweigend. Er kommunizierte nur über die Tasten.
So ließ man also
in puncto Frauen die Sieben gerade sein und spielte sich an der streng
sortierten Klischeezuordnung der einzelnen Charaktere entlang. Ein
schwieriger, aber eigentlich der einzig gangbare Weg, den die
Regisseurin ihre Schauspielerinnen wandeln lässt. Nämlich aus einer
gefälligen Krimikomödie eine mit allen Wassern des Burlesken gewaschene
Groteske zu machen, penibel durchchoreografiert, vom
Gemeinschaftsschreckensschrei bis zum beliebten Einsatz der Souffleuse
in die Dialoge. Doch immer mit Stopp kurz vor der Knallcharge.
Eine
Mördersuche, die zur äußerlich vergnüglich scheinenden Schlammschlacht
mutiert. Um diese Lustkomponenten aus Laster und Neurosen
schauspielerisch adäquat umsetzen zu können, bedarf es eines virtuosen
Gestaltungspotenzials vom Format einer Yasemin Kont. Perfekt
überkandidelt und abgrundtief schräg ihr hinreißender
Schwester/Tante-Verschnitt. Den Kontrapunkt setzen, mit dem
töchterlichen Edelmut fortgeschrittener Jungmädchenhaftigkeit, Dörte
Trauzeddel und Norma Tischer, Renate Steinle als Dienstmädchen besticht
durch schauspielerisch dezente Eleganz mit gekonnt durchartikulierter,
knochentrockener Pointensetzung. Marion Wessely, Neuwitwe und impulsives
Bazillenmutterschiff bourgeoiser Sturm- und Drangentfaltung, zeigt ihre
wahre Stärke in ihren „schwachen“ Momenten. Als geoutetes Liebespaar
bleibt Monika Rohrhirsch und Vera Hupfauer nur die herzzerfleddernde
Flucht in die volle Tragweite kleinbürgerlicher Entsagungsdramatik.
Zu
Höhepunkten geraten die musikalischen Gesangseinlagen. Ein paar mehr
rigorose Striche wären dem Spannungsverlauf der Aufführung sicher
förderlich gewesen. Trotzdem, ein gelungener, spannender, von spritzigen
Dialogen getragener und überbordendem Spielwitz vorangetriebener
Krimikomödienabend. Natürlich nicht ohne überraschenden, atemlos
spannenden Schluss mit Knalleffekt.